Eines meiner Negativ-Highlights war der scheinbare „Großauftrag“ eines Unternehmens. In insgesamt vier Verkaufsgesprächen (!) war ich mit teils gelangweilten, teils aufsässigen Gesprächspartnern konfrontiert, die mich spüren ließen, dass ich ihnen durch meine Anwesenheit wertvolle Zeit auf dem Golfplatz stahl. Mit gefrierendem Lächeln und Wut im Bauch erduldete ich ihre unrealistischen Forderungen und ließ mich schließlich wider alle Vernunft auf ein Lieferanten-Existenzminimum pfänden, nur um endlich zum Abschluss zu kommen.
Ich hatte bis zu diesem Punkt schon so viel erlitten, dass Aufgeben einfach keine Option mehr war. Mit einem ungeheuren emotionalen Kraftaufwand machte ich gute Miene zum bösen Spiel. Und siehe da, meine Unterwürfigkeit machte sich bezahlt! Ich erhielt den Auftrag und startete das Beratungsprojekt.
Happy End? Leider Nein! Innerhalb von drei Monaten mussten wir das Projekt erfolglos abbrechen. Der Grund – unüberwindliche Differenzen in Bezug auf Philosophie und Arbeitsweise!
Experten sprechen vom Stockholm-Syndrom, wenn Geiseln sich emotional mit ihren Entführern identifizieren, um den Schrecken der Gefangenschaft zu verdrängen.
Ähnlich geht es Verkäufern und Unternehmern, die meinen, auf Kunden angewiesen zu sein, die sie nicht mögen, nur um überleben zu können. Während vordergründig zuckersüße Kommunikation gepflegt wird, lauern hinter der Kulisse Argwohn und Misstrauen. Kommt es dann zu schwierigen Situationen, brechen die unterschwelligen Konflikte auf wie Eiterbeulen. Die Folge sind gescheiterte Geschäftsbeziehungen und finanzielle Verluste!
Eines Tages war ich bei einem namhaften Konzern zum Verkaufstermin geladen und hatte von Anfang an ein mulmiges Gefühl. Meine hochgebildeten, jedoch emotional unterkühlten Gesprächspartner ließen keinen Zweifel daran, dass ich ihnen zu beweisen hatte, warum ich für die Suche nach Außendienstmitarbeitern der richtige Lieferant wäre.
Der Dialog lief ungefähr so ab:
Ich: „Um gute Verkäufer für Sie zu finden interessiert mich, welche Anliegen und Ziele Sie mit Ihrem Unternehmen verfolgen.“
Peinliches Schweigen, dann die Gegenfrage: „Was hat das mit Verkauf zu tun?“
Ich:„Für die Suche muss ich wissen, warum sich gute Verkäufer gerade für Ihr Unternehmen einsetzen sollen?
Noch peinlicheres Schweigen, dann leichtes Hüsteln: „Herr Mayer (in gönnerhaftem Ton gesprochen), was hat Sie das zu interessieren? Suchen Sie uns einfach gute Verkäufer!
Genau an dieser Stelle traf ich eine weitreichende Entscheidung.
Ich kapitulierte vor der Ignoranz meiner Gesprächspartner, verließ wutentbrannt den Raum und schwor mir im Namen meiner seelischen Gesundheit nie, nie wieder für Kunden zu arbeiten, die weder meine Aufmerksamkeit noch meine Leistungen verdienen!
Noch emotional aufgewühlt fuhr ich zum nächsten Verkaufstermin. Statt mein übliches Grinsekatzen-Programm abzuspulen, schüttete ich der verdutzten Vertriebsleiterin mein Herz aus und erzählte ihr, dass ich nur mit Kunden arbeiten wolle, die ein echtes unternehmerisches Anliegen verfolgen und Verkäufer nicht wie Bittsteller oder minderwertiges Gesindel behandeln!
Ihre Reaktion? Sie stimmte mir lachend zu und erzählte von ihren eigenen Verkaufserfahrungen. Dann schilderte sie mir, wie wichtig engagierte Außendienstmitarbeiter für sie seien, um die ehrgeizigen Ziele ihres Unternehmens zu erreichen. Nach zwei Stunden fuhr ich glücklich und zufrieden nach Hause. Mit einem Auftrag in der Tasche!
Seitdem leiste ich mir den Luxus, ausschließlich mit Kunden zu arbeiten, die ein echtes unternehmerisches Anliegen verfolgen und den Wert engagierter Verkäufer erkennen.
Werfen Sie Ihre Perlen nicht vor die Säue! In den Weiten der Märkte gibt es Kunden, die genau das brauchen, was Sie anzubieten haben und bereit sind, Ihnen die Wertschätzung entgegenzubringen, die Sie für Ihre wertvolle Arbeit verdienen.